Seit Januar 2000 gibt es den Schmalclub. Über drei Jahre war er als Produktion der Hochschule für Gestaltung Offenbach, dem Ballett und dem TAT Frankfurt im Bockenheimer Depot und im Frankfurter Stadtraum mit regelmäßigen Ereignissen und Aktionen erfolgreich präsent.

Heute ist er ein freies Gebilde das zuletzt auf den Ruhrfestspielen in Recklinghausen und im Schauspiel Frankfurt auftauchte. Durch seine Gastgeber, die den Gedanken des schmal seins als Künstler und Mitbürger zwanglos im Alltag umsetzen und weitergeben ist er tagtäglich lebendig.

Schnell zu Beginn im Jahr 2000 entwickelt sich durch das Aufeinandertreffen der Situationen von Machern und Publikum, bald Gastgeber und Gäste getauft, ein gesellschaftliches Ereignis, das die eigentliche Lebens- und Alltagssituation und die daraus entstandenen Träume auf eine archaische Weise berührt und gleichzeitig zeitgemäß ausdrückt. Schlafen, Mahlzeiten, Träumen, Häuser bauen, sich verlieben, Feste feiern. Im Schmalclub wird gemeinsam mit meistens vielen hundert Gästen und oft dutzenden Gastgebern gegessen, übernachtet, getanzt, geshoppt, eine Show abgezogen oder der Stadtraum erkundet.

Immer neue Spielfelder werden von den Gastgebern entworfen und mit und von ihren Gästen betreten und bespielt. Alles was die Leute gemeinsam antreibt ist eine Utopie die sich für kurze Zeit, an einem Abend, über Stunden, manchmal auch für viele Tage als kollektives und individuelles Glücksversprechen einlöst. Dafür reichen schmale Mittel, einfache Methoden, dennoch werden mal zweihundertfünfzig Kopfkissen verteilt, Reisebusse gemietet, Lunchpakete geschnürt. Gäste schleppen Stühle und Tische, Bänke und Lampen von zuhause an, um gemeinsam ein Fest im leeren TAT zu gestalten.

Aus weniger kann mehr werden wenn es geteilt wird und braucht nicht viel um gemeinsam glücklich zu sein. Das sind nur zwei der vielen wichtigen Erfahrungen die solche Situationen zulassen.

"Die Einzelnen entwerfen sich im konkreten Leben, im Denken und Handeln. Ein individueller Anspruch auf eine allgemeine Wahrheit würde hierbei naiv und lächerlich sein.
Das Subjektsein bestätigt sich nicht mehr im Bewahren von einmal gelernten Tugenden und Idealen, sondern im Bewähren des Verschiedenen.
...Die Fähigkeit unterschiedliches miteinander zu verbinden, wäre das Wagnis, die Probe und die Herausforderung. Das Neue entsteht also aus der Verknüpfung und den Falten, worin die Ereignisse nicht zu zeitlichen Begriffen, sondern zu räumlichen Momenten organisiert werden, was eine pragmatische Strategie des Handelns ist."
(Strunk, Marion, Vom subjekt zum Projekt, in: Kunstforum International, Kunst ohne Werk, Ästhetik ohne Absicht, Bd 152, 2000, S.121)

Der Schmalclub lässt im Vorfeld der Ereignisse nur vages durchblicken, die Projekte sind Überraschungen. Lebensgefühle werden verschenkt. Das private Glück wird vom gemeinsamen Rausch absorbiert. Doch gerade die Sehnsucht nach persönlichen Glückserfahrungen, ohne das Melancholische, das Katastrophale und die Ängste auszuschließen, wird um so deutlicher spürbar.

Die Besucher des Schmalclubs spielen Gesellschaft, ähnlich wie Kinder, wenn sie Familie, Krankenhaus oder Abenteurer spielen und keines der Ereignisse ist reproduzierbar. Schmalclub ist in Planung und Ausführung immer kollektiv. Er braucht einen Ort und eine Zeit (Anfangszeit und Ende). Der Schmalclub findet im Spannungsfeld zwischen einer öffentlichen Institution (Theater, Museum, Festival) und den privaten Räumen und Gefühlen der Menschen statt, die dadurch den öffentlichen Raum als etwas zu ihnen gehörendes und als etwas ihnen offen stehendes erleben. Dabei wird die Bewegungsfreiheit des Einzelnen in öffentlichen Räumen und in den Institutionen unterstrichen.

"Unser Eisbär ist der Köter des Nachbarn und unser Nordpol der Kaufmarkt" (Brian Massumi)
Der Schmalclub will Leute nicht unterhalten, sondern mit ihnen ein Stück ihres Lebens verbringen. Der Schwerpunkt liegt in der Schaffung von Ereignissen, welche in den Besitz anderer übergehen, zu ihren eigenen Geschichten werden und sich dadurch verselbstständigen. Der Schmalclub ist in seiner Praxis niemals Privatsache und existiert doch nur dadurch, dass viele ihrer privatesten Empfindungen und Ideen zu veräußerlichen, zu verallgemeinern, zu verkünstlichen und großzügig zu teilen bereit sind.